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Stadtgeschichte

Stich von der Festung Geldern, stammt wahrscheinlich von Peter Kaerius (1571-1627)Ausgangspunkt für das heutige Geldern war eine mittelalterliche Siedlung vor einer Burg der Grafen von Geldern. Die Burg stand an einem wichtigen Niersübergang beim heutigen Mühlenweg und wird 1237 erstmals genannt. Vor der Burg entstand zunächst nördlich, dann östlich von ihr vornehmlich im 13. Jahrhundert eine Ansiedlung, die bald mit Wällen, Mauern und Gräben geschützt wurde und städtische Rechte an sich ziehen konnte. Spätestens um 1300 war der Grundriss dieser Stadt voll ausgebildet und für die weiteren Jahrhunderte bestimmend.

Den Verlauf der knapp 1800 m langen Stadtmauer markieren im heutigen Straßenbild die vier nach den Himmelsrichtungen benannten Wälle. Den Zugang zur mittelalterlichen Stadt vermittelten drei Tore, von denen nur noch die Straßennamen Harttor, Issumer Tor und Geldertor Zeugnis ablegen. 

Im späten Mittelalter bot die Burg den Herzögen von Geldern Unterkunft auf ihren Reisen durch ihr Territorium. Als Landesburg diente sie der Landesverteidigung und war Sitz eines Amtmanns, der im Amt Geldern mit den Dörfern Aldekerk, Nieukerk, Tönisberg, Rheurdt, Schaephuysen, Sevelen, Hartefeld, Kapellen, Wetten, Kevelaer, Veert und Pont erster Vertreter des Herzogs war.

Bestimmend für das Stadtbild waren neben der Burg und den Befestigungswerken verschiedene öffentliche Gebäude sowie die Klöster mit ihren Kirchen und Kapellen. Überragendes Bauwerk war die Pfarrkirche Maria Magdalena aus dem 14. und frühen 15. Jahrhundert, die Graf Reinald von Geldern bereits 1306 den Karmelitern übertragen hatte. Seither diente sie gleichermaßen als Pfarr- und Klosterkirche. Von den dazugehörigen Klostergebäuden ist nur noch das heutige Pastorat in der Karmeliterstraße erhalten.

An zwei weitere Klöster erinnern nur noch die Straßennamen “An het witte Kloster” und “Hülser-Kloster-Straße” in der Nähe der Hartstraße. Von dem 1418 gegründeten Kloster Nazareth am Ostwall ist nur noch der Speisesaal, das Refektorium erhalten. Als letztes Kloster wird das der Kapuziner in der gleichnamigen Straße errichtet, die dazugehörige Kirche wurde 1628 geweiht und 1999 an einen Privatmann verkauft.

Die evangelische Heilig-Geist-Kirche in der Nähe des Marktes und am Beginn der Gelderstraße wurde 1740 in den Formen des preußischen Barock neu errichtet. Sie ersetzte damals die mittelalterliche Kirche des 1415 gestifteten Hospitals.

Der heutige Marktplatz war bis 1945 weitgehend bebaut und in drei Plätze unterteilt. Etwa im Schnittpunkt von Issumer- und Hartstraße lag der Hauptmarkt (später ”Kleiner Markt” genannt), an dem sich seit 1477 das Rathaus erhob. Diesem gegenüber lagen das Gewandhaus und die
Stadtwaage innerhalb eines Häuserblocks, der zusammen mit den anderen, die Kirche umgebenden Häuser, einen typisch niederrheinischen Kirchhofbezirk um das Gotteshaus bildete. Südwestlich des Rathauses lag ein im Spätmittelalter Holzmarkt genannter Platz, zur Gelderstraße hin lag der Marktplatz, der erst später Großer Markt genannt wurde.

Während der Stadtgrundriss innerhalb der Mauern seit dem Mittelalter zumindest bis 1945 fast völlig unverändert blieb, änderte sich das Stadtbild vor den Mauern bereits im frühen 16.Jahrhundert. Da nämlich die gotischen Stadtmauern zu schwach waren, um die neuzeitlichen, schweren Kanonen tragen zu können, errichtete man als Geschützträger vor den Mauern sogenannte Rondelle, von denen das am Mühlenturm heute noch erhalten ist. seine Untergeschosse wurden um 1540 errichtet und 1643 zur Windmühle ausgebaut. Die Festung mit zwei Gräben und sieben Bastionen bestand bis 1764.

Zu dieser Zeit war Geldern nicht nur eine preußische Garnisons- und Festungsstadt, sondern auch Hauptstadt der westlichsten preußischen Provinz an der Maas, zu der neben dem mittelalterlichen Amt Geldern mit Kevelaer und Wetten im Norden auch die niederländischen Gebiete um Venlo und Venray sowie Straelen, Wachtendonk und Viersen gehörten.

1764 wurden die Festungswerke geschleift, als erstes Haus auf den nicht mehr benötigten Festungsanlagen wurde das noch bestehende Campsche Haus am Haagschen Weg 10 erbaut. Erst nach der Eröffnung der Eisenbahnstrecke von Köln über Krefeld und Geldern nach Kleve im Jahre 1863 erhielt die Stadtentwicklung neue Impulse. Die Eröffnung der Eisenbahnstrecke von Venlo und Straelen über Geldern nach Wesel ließ die preußische Kreisstadt gar zum Eisenbahnknotenpunkt avancieren. Beide Strecken, die sich in der Nähe des Holländer Sees im rechten Winkel überkreuzten, sind insbesondere auf den Gesamtaufnahmen wie Tangenten westlich und südlich der Stadt gut zu erkennen.

Um die Wende des 19. zum 20. Jahrhundert zählte Geldern bereits knapp 6000 Einwohner. Mit der Bebauung der Wälle um diese Zeit begann die Stadt über die mittelalterlichen Grenzen hinaus zu wachsen. Noch heute legen zahlreiche Häuser zum Teil namhafter Architekten am Westwall Zeugnis von dieser Zeit ab.

Zeichnung des alten Gelderner Rathauses, das auf dem Markt gestanden hatEinen großen Einschnitt in der Entwicklungsgeschichte Gelderns stellt die weitgehende Zerstörung der Stadt Ende 1944 und am 14. Februar 1945 dar. Während die Hauptkirchen restauriert wurden, sollten das Rathaus und zahlreiche Wohnhäuser im Herzen der Stadt nicht wiederaufgebaut werden; hierdurch entstand der heutige, sehr geräumige Marktplatz.

Die folgenden fünfziger Jahre stehen ganz im Zeichen des Wiederaufbaus. In dieser Periode wachsen an der Peripherie der Stadt neue Wohngebiete, in denen neben ausgebombten Familien insbesondere Flüchtlinge und Vertriebene eine neue Heimat finden. Zählte die Stadt im Januar 1946 nur 5288 Einwohner (im Januar 1937 waren es 7228), wurde bereits 1957 die zehntausender Marke überschritten.

Mit der kommunalen Neugliederung wurden am ersten Juli 1969 die bisher selbständigen Orte Geldern, KapelIen, Pont, Veert, Vernum und Walbeck sowie die Baersdonk, der nördliche Zipfel der damaligen Gemeinde Nieukerk, zur neuen Stadt Geldern zusammengeschlossen.

Obwohl die Stadt 1975 den Kreissitz an Kleve abgeben musste, wurde dadurch die rasante Entwicklung Gelderns keineswegs gebremst. Dies bezeugen beispielsweise die heutigen Neubaugebiete am Südwall entlang der neugeschaffenen Straßen Am Eiland, Am Stadtgraben und Am Bückelewall und zwischen der Weseler Straße und der Straße Köln-Mindener-Bahn im Bereich der Konrad-Adenauer- und Kurt-Schumacher-Straße sowie westlich der Weseler Straße am Havelring. Erfreulich ist, dass sich die Maßstäbe der hier verwirklichten Architektur am Menschen orientieren.

Literatur

Die Literatur zur Stadt Geldern ist sehr vielfältig.

Als epocheübergreifende Darstellungen sind zu nennen:

  • zur Geschichte von den Anfängen bis 1863: Friedrich Nettesheim: Geschichte der Stadt und des Amtes Geldern unter Berücksichtigung der Landesgeschichte nach authentischen Quellen. Von den Ursprüngen bis 1863. Kevelaer 1963 (geschrieben 1863)
  • zur mittelalterlichen Topographie und Verfassungsgeschichte:
  • Stefan Frankewitz: Die geldrischen Ämter Geldern, Goch und Straelen im späten Mittelalter (Veröffentlichungen des Historischen Vereins für Geldern und Umgegend 87). Geldern 1986
  • zur engeren städtischen Geschichte bis um 1800:
  • Leopold Henrichs: Das alte Geldern. Gesammelte Schriften zur Stadtgeschichte. Redigiertvon Gregor Hövelmann. Geldern 1971 (geschrieben 1887 bis 1912)
  • zur Geschichte der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts:
  • Gregor Hövelmann: Geschichte des Kreises Geldern. Eine Skizze. Erster Teil: 1816-1866. Geldern 1974
  • zur Geschichte der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts:
  • Heinz Bosch: Illustrierte Geschichte der Stadt Geldern 1848-1969. Band I. Von den revolutionären Ereignissen 1848 bis zum Ausbruch des ersten Weltkriegs 1914. Geldern 1994
  • zur Geschichte des 20. Jahrhunderts bis 1969:
  • Heinz Bosch: Illustrierte Geschichte der Stadt Geldern 1848-1969. Band II. Vom Ausbruch des Ersten Weltkriegs 1914 bis zur Kommunalreform 1969. Geldern 1998
  • zur Kunstgeschichte in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts:
  • Peter Lingens: Kirchenmaler vom Niederrhein. Der Gelderner Heinrich Brey (1872-1960) und seine Kevelaerer Berufskollegen (Geldrisches Archiv 5). Geldern 1998
  • zur städtebaulichen Entwicklungsgeschichte ab 1945:
  • Stefan Frankewitz: Von oben. Historische Luftaufnahmen erzählen Gelderner Geschichte (Geldrisches Archiv 1). Geldern 1991
  • zu den Bau und Kunstdenkmälern in Geldern und den Ortsteilen:
  • Stefan Frankewitz: Die Denkmäler der Stadt Geldern (Geldrisches Archiv 6). Geldern 2001